Trierer Bischof Spital übt Kritik am Papst

Lehmann mahnt: Entscheidung des Vatikan nicht unterlaufen - Donum Vitae ruft zu Spenden auf 

Trier. (AP/dpa) Nach dem Beschluss der deutschen Bischofskonferenz, aus der staatlichen Schwangerenkonfliktberatung auszusteigen, hat der Trierer Bischof Hermann Josef Spital kaum verhüllte Kritik an Papst Johannes Paul geübt. Spital erklärte am Mittwoch in Trier, bei den Ad-Limina-Besuchen  in Rom habe der Papst mehreren Bischöfen zugesagt, er wolle die Situation noch einmal analysieren: "Aufgrund dieser Aussagen war ich davon überrascht, dass der Heilige Vater so schnell entschieden hat."

Die Bischöfe hätten jeweils nur 15 Minuten Zeit bekommen, um ihre Auffassung zur Konfliktberatung vorzutragen, sagte Spital.  Selbst für ein ausführliches Gespräch mit dem Vorsitzenden der deutschen Bischofskonferenz Karl Lehmann habe Papst Johannes Paul keine Zeit gehabt.

Lehmann mahnte indessen, es habe keinen Sinn, die Entscheidung des Papstes zu unterlaufen. "Vielleicht sollten wir jetzt diese Entscheidung nützen, um mit allen Kräften nochmals die bestmögliche Weise des Lebensschutzes zu suchen", schrieb der Mainzer Bischof in einem Gastkommentar für den "Rheinischen Merkur". Die Ausstellung des Beratungsscheins durch katholische Stellen habe durchaus auch Probleme mit sich gebracht, "wenn man den faktischen Gebrauch und die konkrete Bewusstseinsbildung in unserer Gesellschaft ins Auge fasst".

Spital bestätigte unterdessen, dass er sich vorbehalte, in seinem Bistum im staatlichen Beratungssystem zu bleiben, "falls keine überzeugende Alternative gefunden wird". Zugleich betonte der Trierer Bischof aber, dass er dem Papst "selbstverständlich den schuldigen Gehorsam leisten" werde. Ob die Beratungsstellen im Bistum Trier weiterhin dauerhaft Bescheinigungen ausstellen werden, bleibt damit offen. Am Dienstagabend hatte der Limburger Bischof Franz Kamphaus ebenfalls erklärt, er behalte sich vor, im staatlichen Beratungssystem zu bleiben.

Die katholische Laienvereinigung Donum Vitae startete unterdessen eine Spendenkampagne. Der stellvertretende Vereinsvorsitzende Vincens Lissek erklärte im Saarländischen Rundfunk, die Finanzierung der geplanten alternativen Beratung einschließlich der Ausstellung von Bescheinigungen für straffreie Abtreibungen sei noch nicht geklärt.

Lissek sagte, Donum Vitae wolle weder den Sozialdienst katholischer Frauen noch den Caritasverband aus der Beratungsarbeit verdrängen. Donum Vitae habe bereits viel Zuspruch und auch schon viele Spenden erhalten. "Wir müssen von den rund 30 Millionen deutscher Katholiken erwarten, dass wenigstens jeder eine Mark spendet", sagte Lissek. 

Aus: Dingolfinger Anzeiger, 25. November 1999

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Last update: 06. Februar 2001 14:14