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Katholische Kirche steigt aus Beratungssystem aus
Bischöfe folgen der Weisung des Papstes - Einige Bistümer wollen sich
offenbar widersetzen - Stamm sagt "donum vitae" ihre Unterstützung zu
Würzburg/München. (AP/dpa) Die katholische Kirche in Deutschland steigt aus dem
staatlichen Beratungssystem für Schwangere in Konfliktsituationen aus - dieser Beschluss
der Bischöfe wurde jedoch nicht einstimmig gefasst. Der Ständige Rat der Deutschen
Bischofskonferenz verfügte am Dienstag auf seiner Klausurtagung im Würzburger Kloster
Himmelspforten, in den kirchlichen Beratungsstellen müsse die Ausgabe der
Beratungsscheine im Verlauf des Jahres 2000 definitiv eingestellt werden. Die Bischöfe folgen damit
einer entsprechenden Weisung des Papstes. Ohne die vom Gesetzgeber vorgeschriebenen
Beratungsscheine ist für Schwangere eine straffreie Abtreibung nicht möglich.
Nach Zeitungsinformationen haben jedoch die Bischöfe Franz Kamphaus (Limburg),
Leopold Nowak (Magdeburg) und Hermann Josef Spital (Trier) zu Protokoll gegeben, dass
sie an der bewährten Praxis in ihren Diözesen festhielten, sollte sich keine "überzeugende
Alternative" zu der Ausstellung eines Beratungsnachweises finden lassen. "Der Bischof
hält sich die Möglichkeit offen, nicht auszusteigen, wenn es keine Alternativen gibt",
sagte der Sprecher des bischöflichen Ordinariats, Michael Wittekind, am Dienstagabend.
In einer Mitteilung von Kamphaus heißt es, dass die Beratungsstellen auch für Frauen
offen sein müssten, die in ihrer Entscheidung noch schwankten. "Es wird so weiterlaufen
wie bisher, wenn keine Alternativen gefunden werden", teilte ein Sprecher mit. Konkret
bedeute dies, dass Kamphaus in der gesetzlichen Beratung bleibe. Ein Sprecher des
Bistums Trier wollte am Dienstagabend keine Stellungnahme abgeben: "Kein Kommentar".
"Wir haben gekämpft, und wir haben verloren. Jetzt müssen wir auf die Zukunft hin das
Beste machen", sagte der Vorsitzende der Bischofskonferenz, Karl Lehmann, nach der
Klausurtagung. Lehmann war einer der engagiertesten Befürworter für einen Verbleib der
Kirche im Beratungssystem. Mit dem Ergebnis könne er "natürlich nicht zufrieden sein".
Derzeit sei nicht absehbar, wie die bisherige Beratungspraxis der Kirche gerettet
werden könnte, sagte Lehmann. In den kommenden Monaten sind Gespräche mit den
kirchlichen Beratungsträgern, der neugegründeten Laien-Organisation "donum vitae"
(Geschenk des Lebens) sowie den einzelnen Bundesländern geplant. "Es bleibt halt leider
vorläufig alles noch sehr unübersichtlich", fügte Lehmann hinzu. Der prominenteste
Gegner der Beratungsscheine, der Fuldaer Erzbischof Johannes Dyba, bezeichnete die
Entscheidung des Rates als einen "guten, gemeinsamen Schritt in die richtige Richtung."
Es gebe keine Sieger und keine Verlierer. "Jetzt beginnt das Heilige Jahr. Jetzt haben
wir ganz andere Sorgen und Freuden", sagte der Fuldaer Bischof.
Der Leiter des katholischen Büros in Bonn, Prälat Paul Bocklet räumte allerdings ein,
dass jenes gute Dutzend Bischöfe, das am Wochenende in Rom noch einmal versucht,
hatte, den Papst umzustimmen, "schon enttäuscht" sei. Die Kirche habe jetzt bis Ende
2000 Zeit, um zu überlegen, wie sie auch ohne Schein weiter beraten könne, sagte Bocklet.
Gleichzeitig wurde ein Brief des Papstes an den DBK-Vorsitzenden Karl Lehmann veröffentlicht. Der Papst
würdigt darin ausdrücklich die "verdienstvolle Tätigkeit" der katholischen Beratungsstellen. Er habe den
Wunsch, dass die Stellen ihre Beratungen "zu Gunsten des Lebens" fortführten und
verstärkten - allerdings ohne "die Bestätigung auszustellen, die die katholischen
Beratungsstellen in ein System mit hineinzieht, welches die Abtreibung zulässt". Die
Unions-Abgeordneten Hermann Kues (CDU) und Maria Eichhorn (CSU) bedauerten den Schritt der
Bischöfe. Die CSU-Politikerin sagte: "Ich bedauere außerordentlich, dass die Bischöfe,
dem Papst gehorchen, ihre persönliche Gewissensentscheidung zu Gunsten einer
einheitlichen Lösung hintanstellen. Kues betonte: "Ich betrachte die Entwicklung der letzten
Monate als kirchengeschichtliche Katastrophe." Bundesfamilienministerin Christine
Bergmann zeigt sich ebenfalls enttäuscht über die Entscheidung der
Bischofskonferenz. "Die Frauen werden von der katholischen Kirche allein gelassen", kritisierte die''
SPD-Politikerin in Berlin. Bayerns Sozialministerin Barbara Stamm sagte dem Verein
"donum vitae" Unterstützung zu.
Aus: Dingolfinger Anzeiger, 1999 |
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