Katholiken wollen Erneuerung der Demokratie

Meisner und Dyba attackieren Donum Vitae - „Babycaust" zulässige Meinungsäußerung

Hamburg. (dpa/AP) Anlässlich des 94. Deutschen Katholikentages haben die katholischen Laien zu einer Erneuerung der politischen Kultur und einer stärkeren Bürgerbeteiligung in der Demokratie aufgerufen. „In jüngster Zeit hat unsere Demokratie durch Rechtsverstöße und Affären Vertrauensverluste" erlitten, heißt es im „Hamburger Memorandum deutscher Katholiken", das der Präsident des Zentralkomitees der deutschen Katholiken (ZdK), der sächsische Wissenschaftsminister Hans Joachim Meyer (CDU), am Dienstag in Hamburg vorstellte.

Rund 60000 Besucher werden zum Katholikentag erwartet. Das Treffen findet erstmals in der Diaspora statt. Dort sind Katholiken in der Minderheit. Die Annäherung der Konfessionen hat diesmal besonderes Gewicht.

Unterdessen brach in der katholischen Kirche erneut Streit über die zur Schwangerenkonfliktberatung gegründete Laienorganisation Donum Vitae aus. Während die Erzbischöfe von Köln und Fulda, Joachim Kardinal Meisner und Johannes Dyba, scharfe Kritik an dem Verein übten, lobte das ZdK die Initiative.

Meisner schrieb in einer Wochenzeitung, die Initiative dürfe sich „nicht katholisch nennen", denn sie folge nicht den Weisungen des Papstes. Donum Vitae (Geschenk des Lebens) „gefährdet die Einheit der Kirche in Deutschland". Dyba schrieb in einer Kirchenzeitung, es bestehe kein Bedarf an „zwielichtigen" neuen Beratungsstellen. Die CDU in Hessen sollte sich eine Unterstützung gründlich überlegen.

Mit Unverständnis reagierte ZdK-Präsident Meyer auf die Vorwürfe. Meisner „respektiert unsere Gewissensentscheidung nicht", sagte er am Rande der ZdK-Vollversammlung in Hamburg. Die Kritik belaste die Atmosphäre. Donum Vitae biete nach dem langen Streit um die Zukunft der katholischen Schwangerschafts-Konfliktberatung die einzige Möglichkeit, „dass wieder Frieden in der deutschen Kirche einzieht".

Wie unterdessen bekannt  wurde, dürfen Abtreibungsgegner mit dem Begriff „Babycaust" weiter gegen Schwangerschaftsabbrüche protestieren. Nach Ansicht des Bundesgerichtshofs (BGH) handelt es sich bei der Wortschöpfung um eine zulässige Meinungsäußerung. In einem am Dienstag in Karlsruhe veröffentlichten Urteil hatten damit Abtreibungsgegner Erfolg, die sich mit ihrer Revision gegen eine Unterlassungsklage eines Nürnberger Klinikums gewendet hatten. Seit 1993 sind Praxisräume auf dem Gelände an einen Frauenarzt vermietet, der Schwangerschaftsabbrüche vornimmt. Aus Protest gegen die Abtreibungen hatten Demonstranten im Oktober 1997 vor dem Krankenhaus Flugblätter verteilt. Darauf stand „Kindermord im Mutterschoß auf dem Gelände des Klinikum Nord" und „damals: Holocaust, heute: Babycaust".

Aus: Dingolfinger Anzeiger, 31. Mai 2000

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Last update: 06. Februar 2001 14:14